Willkommen bei Farouk Khasawneh

Eine kleine Leseprobe

Hier finden Sie zwei der in meinen Büchern erzählten Begebenheiten. Jordaniens Hauptstadt Amman war damals noch nicht die heutige Großstadt, in der man sich leicht verlaufen kann, sondern hatte mehr von einem Dorf. Auch als Hauptstadt war Amman nicht sehr modern ausgestattet, doch auch der englischen Besatzungsmacht fehlte heute selbstverständliches Gerät ...

Brand in der Nachrichtenzentrale

Im zweiten Weltkrieg ließen die Engländer eine große Sendeanlage für ihre Kommunikation in Amman errichten. Die Anlage unterlag militärischer Kontrolle. Nur Abdullah I gestattete man, die Anlage zu benutzen. Er spielte gegen Englands König Schach.
Unser Grundstück lag im Jahre 1947 etwa 90 Meter von der Station entfernt. Der Sendemast befand sich direkt hinter unserem Haus und war über 25 Meter hoch. An einer Kante gab es Sprossen. Manche Schulkameraden versuchten, ihn zu besteigen. Meine Familie erlaubte mir nicht, dort zu spielen.
Auf unserem Grundstück lagerten Benzinfässer für den Laster meines Bruders, da es kaum Tankstellen gab.
An einem Nachmittag hörten wir eine laute Explosion in der Nähe des Hauses. Wir rannten heraus und sahen ein 70 Meter hohes Höllenfeuer. Wir spürten die Hitze und meine Eltern beeilten sich, unsere Benzinfässer mit Wasser zu besprengen, damit sie nicht in Brand gerieten.
Die gesamte Anlage brannte nieder. Auch die Unterkünfte der Soldaten, die aus Zeltstoff waren. Die Soldaten rannten weg, und keiner unternahm etwas gegen das große Feuer. Auf so etwas war man nicht vorbereitet, und es gab keine Feuerlöschfahrzeuge in Jordanien. Nach fünf Stunden war nur noch Asche übrig. Die Soldaten, die involviert waren, hatten auch Benzin im Lager. Es kam nie heraus, ob es Brandstiftung war. Der Schaden betrug 12 Millionen Dinar und das Militär war wochenlang ohne Verbindung zur Außenwelt.
Die militärische Kommunikation wurde in das Hauptquartier verlegt. Auf dem Grundstück der Sendeanlage wurde eine Polizeiwache erbaut. Man kaufte schnell ein Löschfahrzeug von England.

Aus: Farouk Khasawneh, 2005: Mein anderes Leben, Seite 59

Wenn man meint, dass jemand eine Schraube locker hat, sollte man Fachleute zu Rate ziehen, und nicht selbst Hand anlegen ...

Schraube locker

Murad und Amin spielten mit Legosteinen. Trotz des Altersunterschieds spielten sie oft zusammen. Murad war immer ein stiller Geist und sehr kreativ. Amin fühlte sich abhängig von seinem Bruder und ließ sich von ihm alles machen. Sie stritten sich oft und machten uns die Atmosphäre zur Hölle. Besonders im Auto konnten sie nicht ruhig bleiben. Ein Zank verlief ruhig aber sehr schmerzlich. Als wir das Geschrei von Amin hörten, rannten wir beide in den Flur, um die Quelle zu erforschen.
Petra war zuerst zur Stelle und fing an zu schreien, weil sie nicht schnell helfen konnte. Murad hatte seinem Bruder eine Holzschraube in die Nase gesteckt. Amin war bereits blau im Gesicht und war nur am Schreien. Er war sonst schmerzunempfindlich und blieb meistens still. Ich fragte Murad, was passiert war. Er erzählte mir ganz ruhig und klar, dass er eine Schraube in Amins Nase geschoben hatte. Zum Glück blieb ich bei Unfällen immer ruhig und sachlich. Also schickte ich Petra ins Bad, um eine Pinzette zu holen. Ich hatte ein großes Sortiment an Werkzeug und Pinzetten. Währenddessen beruhigte ich Amin. Ich hatte etwas Mühe, die Schraube ohne Verletzung rauszuziehen. Danach war alles gut und wir warteten auf das Nächste Ereignis.

Aus: Farouk Khasawneh, 2008: Semesterferien in Deutschland. 99 Geschichten aus meinem Leben in zwei Welten, Seite 128


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